In der digitalen Ära spielen Vertrauensdienste eine entscheidende Rolle für die Sicherheit und Integrität elektronischer Transaktionen. Die rechtliche Grundlage für diese Dienste in Europa wird durch die Verordnung (EU) Nr. 910/2014, besser bekannt als eIDAS-Verordnung, geregelt. Diese Verordnung schafft einheitliche Standards und sorgt für die grenzüberschreitende Anerkennung elektronischer Identifizierungsmittel und Vertrauensdienste innerhalb der EU. Doch was bedeuten eIDAS und EUDI-Wallet nun konkret für Privatpersonen in Europa?
Die eIDAS-Verordnung – ein kurzer Überblick
Die eIDAS-Verordnung trat am 1. Juli 2016 in Kraft und zielt darauf ab, das Vertrauen in elektronische Transaktionen sowohl innerhalb der EU als auch im globalen Kontext zu stärken. Sie regelt die rechtlichen Rahmenbedingungen für elektronische Identifizierungen und Vertrauensdienste wie elektronische Signaturen, Siegel, Zeitstempel, Zustelldienste und Website-Authentifizierung. Die Verordnung hält außerdem fest, dass die unterschiedlichen zertifizierten elektronischen Identitäten eines Landes in den anderen EU-Mitgliedsstaaten anerkannt werden müssen.
eIDAS und EUDI-Wallet: Auswirkungen auf Privatpersonen
Die eIDAS-Verordnung hat erhebliche Auswirkungen auf Privatpersonen, insbesondere in Bezug auf die Sicherheit und Benutzerfreundlichkeit digitaler Dienste. Dies sind die drei wichtigsten Bereiche, die in der eIDAS-Verordnung festgehalten sind und die sich auf die EU-Bürger:innen auswirken:
Elektronische Signaturen
Eine der wichtigsten Änderungen für Privatpersonen ist die Anerkennung und Nutzung elektronischer Signaturen. Dank eIDAS können elektronische Signaturen in der gesamten EU rechtskonform genutzt werden, was den Papierkram erheblich reduziert, Postwege überflüssig macht und den Zugang zu digitalen Dienstleistungen enorm erleichtert. Beispielsweise werden Verträge, die digital unterzeichnet wurden, in jedem Mitgliedstaat anerkannt und durchgesetzt.
Elektronische Identifizierung
Wie eingangs bereits beschrieben, können Bürger:innen mit eiDAS ihre elektronischen Identifikationsmittel (eID) grenzüberschreitend nutzen. Dies bedeutet, dass eine in einem Mitgliedstaat ausgestellte eID in anderen Mitgliedstaaten akzeptiert wird. Dadurch wird der Zugang zu öffentlichen Diensten, wie zum Beispiel die Anmeldung zu Universitäten oder die Beantragung staatlicher Leistungen, wesentlich einfacher. Es fördert die Mobilität innerhalb der EU und spart Zeit und Aufwand bei bürokratischen Elementen.
Datensicherheit und Datenschutz
eIDAS legt hohen Wert auf die Sicherheit der verwendeten Technologien und die Vertraulichkeit der Daten. Dies schützt Privatpersonen vor Identitätsdiebstahl und Betrug bei der Nutzung elektronischer Dienstleistungen. Anbieter von Vertrauensdiensten müssen strenge Sicherheitsstandards erfüllen, um die Integrität und Authentizität elektronischer Transaktionen zu gewährleisten und sich gegen Deep-Fakes und ähnliches zu wehren. In der offiziellen eIDAS Trusted List befinden sich alle zertifizierten Vertrauensdiensteanbieter.
Ihre digitale Brieftasche, die EUDI-Wallet
Ebenfalls in der eIDAS-Verordnung festgehalten: Die EUDI-Wallet (European Digital Identity Wallet). Diese ist eine von der Europäischen Union entwickelte digitale Lösung, die es Privatpersonen ermöglicht, ihre Identitätsnachweise, Dokumente und Zertifikate sicher zu speichern und zu verwalten. Mit der EUDI-Wallet können Bürger:innen verschiedene Dienstleistungen innerhalb der EU nutzen, ohne physische Dokumente vorlegen zu müssen. Dies umfasst beispielsweise den Zugriff auf öffentliche Dienste, die Eröffnung von Bankkonten oder die Anmeldung bei Universitäten. Ein entscheidender Vorteil der EUDI-Wallet ist, dass sie von jedem EU-Land akzeptiert werden muss, was die grenzüberschreitende Anerkennung und Nutzung von Identitätsnachweisen erheblich erleichtert. Die Wallet, die alle Mitgliedsstaaten bis 2026 implementiert haben müssen, bietet ein hohes Maß an Sicherheit und Datenschutz, da die Nutzenden die volle Kontrolle über ihre Daten behalten und selbst entscheiden können, welche Informationen sie teilen möchten.
Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Hinblick auf eIDAS und EUDI-Wallet in europäischen Ländern
Obwohl eIDAS eine einheitliche rechtliche Grundlage schafft, gibt es bislang noch Unterschiede in der Umsetzung und Nutzung elektronischer Identifikationsmittel und Vertrauensdienste in den einzelnen Mitgliedstaaten. Einige Länder, wie Italien und Estland, sind Vorreiter in der Implementierung und Nutzung dieser Technologien, während in anderen Ländern, darunter Deutschland, noch Luft nach oben ist.
Deutschland
Deutschland hat das eIDAS-Rahmenwerk umfassend implementiert und bietet seinen Bürger:innen einige eID-Diensten, die über den ePersonalausweis (ePerso) zugänglich sind – allerdings noch lange nicht so viele wie in anderen EU-Ländern. Die Annahme durch die Bevölkerung hält sich auch deswegen bislang allerding noch in Grenzen – einer der Gründe, weswegen der PIN-Rücksetzbrief seit Januar 2024 nicht mehr kostenlos ist. Dies wurde stark kritisiert, da es auf lange Sicht die Digitalisierung nicht fördert, sondern bremst. Da auch in Deutschland die EUDI-Wallet den Bürger:innnen bis 2026 zur Verfügung stehen soll, wird eine schnelle und effektive Lösung für den Rücksetzbrief gefordert. Außerdem werden von vielen Seiten mehr Anwendungsfälle für den ePerso gefordert. Einige Kommunen und Gemeinden haben bereits mehrere ihrer Services digitalisiert – jedoch ist dies noch zu wenig verbreitet.
Italien
Italien hat bemerkenswerte Fortschritte bei der Umsetzung der eIDAS-Verordnung erzielt und bietet seinen Bürger:innen mit SPID (Sistema Pubblico di Identità Digitale) eine zentrale digitale Identität. SPID ermöglicht den Zugang zu einer Vielzahl öffentlicher und privater Dienstleistungen, was die Interaktion mit der öffentlichen Verwaltung vereinfacht und die digitale Transformation im privaten Sektor vorantreibt. Mit über 91 % der Bürger:innen, die SPID bevorzugen, ist es zu einem der erfolgreichsten Identitätssysteme Europas geworden. Anwendungsfälle umfassen die Anmeldung bei staatlichen Portalen zur Steuer- und Rentenverwaltung, den Zugriff auf Gesundheitsdienste, die Beantragung von Förderungen und den Login bei Banken oder E-Commerce-Plattformen.
Neben SPID bietet Italien mit der CIE (Carta d’Identità Elettronica) eine hochsichere Alternative, die sich langsamer verbreitet, aber ebenfalls eine wichtige Rolle spielt. Die CIE, Italiens elektronischer Personalausweis, wird für eine Vielzahl von Anwendungen genutzt: den Zugang zu staatlichen und privaten Online-Diensten, Reisen innerhalb der EU, sowie die Erstellung elektronischer Signaturen. Während SPID mit seiner Benutzerfreundlichkeit und Verfügbarkeit den Alltag dominiert, ergänzt die CIE das System durch zusätzliche Sicherheit und Funktionalität. Gemeinsam positionieren sich SPID und CIE als treibende Kräfte für eine umfassende digitale Transformation in Italien.
Estland
Estland gilt als Vorreiter in der Digitalisierung und hat eines der fortschrittlichsten eID-Systeme weltweit. Estnische Bürger:innen können nahezu alle staatlichen Dienstleistungen online nutzen, einschließlich Wahlen, was die Effizienz und Zugänglichkeit staatlicher Dienste drastisch erhöht hat.
Frankreich und Spanien
Andere Länder wie Frankreich und Spanien haben ebenfalls bedeutende Fortschritte gemacht, aber die Nutzung und Akzeptanz variieren. In Frankreich werden eID-Dienste zunehmend integriert, insbesondere im Finanzsektor, während Spanien sich auf die Verbesserung der Zugänglichkeit und Benutzerfreundlichkeit konzentriert.