Neue Wege für UK
Was passiert mit Vertrauen, wenn regulatorische Brücken gekappt werden? Diese Frage stellt sich immer wieder, wenn ehemals gemeinsame digitale Rechtsräume sich aufspalten. Seit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU ist das Thema digitale Identitäten und Vertrauensdienste im UK-Kontext neu zu betrachten – mit „UK eIDAS“ gibt es mittlerweile ein eigenes rechtliches Regelwerk, das als britisches Pendant zur EU-Verordnung fungiert.
Was ist UK eIDAS?
UK eIDAS ist das nationale Rechtsrahmenwerk für Vertrauensdienste im Vereinigten Königreich. Es basiert auf der EU-eIDAS-Verordnung (Verordnung (EU) Nr. 910/2014), die mit dem Brexit in nationales britisches Recht überführt wurde. Seither wird UK eIDAS eigenständig fortentwickelt, zuletzt durch das Data (Use and Access) Act 2025. Diese Novelle sorgt dafür, dass das britische System nicht nur „weiter funktioniert“, sondern aktiv zukunftsfähig bleibt – ein klares Signal des britischen Gesetzgebers.
Vertrauensdienste im Fokus: Was regelt UK eIDAS konkret?
Die UK eIDAS-Verordnung regelt die Zulassung und den Betrieb von Vertrauensdiensten im Vereinigten Königreich. Dazu gehören unter anderem:
- Qualifizierte elektronische Signaturen (QES)
- Elektronische Siegel
- Zeitstempel
- Elektronische Zustelldienste
Ein bemerkenswerter Aspekt: UK eIDAS erlaubt es qualifizierten Vertrauensdiensteanbietern (QTSPs), die in der EU registriert sind, ihre Dienste auch im Vereinigten Königreich anzubieten – ein pragmatischer Schritt, um die Interoperabilität wenigstens in eine Richtung aufrechtzuerhalten.
Allerdings gilt dieser Schritt nicht umgekehrt: Britische QTSPs erhalten aktuell keine automatische Anerkennung in der EU. Ein wechselseitiger Zugang, wie er innerhalb der EU durch eIDAS vorgesehen ist, existiert (noch) nicht.
Abgrenzung zur EU-eIDAS-Reform
Während sich die EU mit der eIDAS 2.0-Reform auf die Einführung der EU Digital Identity Wallet und die Erweiterung des Dienstekatalogs konzentriert, geht das Vereinigte Königreich eigene Wege. Die neuen vertrauensbasierten Identitätsdienste der EU – etwa elektronische Attribute und Wallets – finden in UK keine rechtliche Entsprechung oder Anerkennung. Hierdurch entsteht ein zunehmend divergentes Ökosystem.
Für Vertrauensdiensteanbieter bedeutet das: eine doppelte regulatorische Beobachtungspflicht. Wer in beiden Märkten tätig ist, muss zwei sich auseinanderentwickelnde Rechtsrahmen zugleich im Blick behalten.
Was bedeutet UK eIDAS für Vertrauensdiensteanbieter?
Aus der Perspektive eines qualifizierten Vertrauensdiensteanbieters stellt UK eIDAS eine wichtige regulatorische Realität dar, die eine aktive Marktstrategie erfordert:
- Zugang zum britischen Markt: EU-QTSPs können weiterhin Leistungen im Vereinigten Königreich anbieten – ein großer Vorteil für Anbieter mit internationaler Ausrichtung.
- Regulatorische Unterschiede: Die nationale Weiterentwicklung von UK eIDAS kann jedoch mittelfristig zu Abweichungen führen. Diese müssen genau verfolgt und in technischen wie vertraglichen Lösungen berücksichtigt werden.
- Fehlende Gegenseitigkeit: Britische Anbieter, die auf den EU-Markt wollen, stehen aktuell ohne regulatorisches Gegenstück da – ein klarer Wettbewerbsnachteil.
Ein international aufgestellter Anbieter von Vertrauensdiensten verfolgt die Entwicklung auf beiden Seiten des Ärmelkanals aufmerksam. Eine stabile Compliance-Strategie muss heute mehr denn je transnational denken und lokal umsetzen.
Fazit: Vertrauen neu verorten
UK eIDAS ist mehr als eine simple Adaption der EU-Vorlage – es ist ein lebendiges System, das auf nationale Anforderungen und geopolitische Realitäten reagiert. Für Anbieter von Vertrauensdiensten öffnet es weiterhin Türen, stellt aber auch Anforderungen an Flexibilität und Weitblick.
In einer digitalen Welt, in der Rechtsräume zunehmend fragmentiert sind, ist es entscheidend, Vertrauen über Grenzen hinweg zu ermöglichen – durch robuste Technologie, ein tiefes regulatorisches Verständnis und die Fähigkeit, sich wandelnden Rahmenbedingungen schnell anzupassen.
Hinweis: Dieser Artikel stellt keine Rechtsberatung dar. Weitere Informationen zur britischen Regulierung von Vertrauensdiensten finden Sie direkt auf gov.uk.