Der elektronische Personalausweis, kurz ePerso, stellt einen wichtigen Schritt in Richtung Digitalisierung und sicheren Online-Identifikationsmöglichkeiten in Deutschland dar. Seit seiner Einführung im Jahr 2010 hat der ePerso eine Reihe von Entwicklungen durchlaufen, die ihn zu einem multifunktionalen Instrument gemacht haben. Doch trotz seiner vielversprechenden Funktionen wird der ePerso bisher nur von einer geringen Anzahl von Bürger:innen genutzt. Dies wirft die Frage auf, wie der ePerso attraktiver gestaltet und seine Nutzung in Zukunft weiter ausgebaut werden kann.
Funktionen und Anwendungsbereiche des ePerso
Die zentrale Funktion des ePerso ist die Online-Ausweisfunktion (eID), die es Bürger:innen ermöglicht, ihre Identität sicher und zuverlässig im Internet nachzuweisen. Diese Funktion ist bei allen Personalausweisen, die seit Juli 2017 ausgegeben wurden, standardmäßig aktiviert. Nutzer:innen können sich mit Hilfe ihres NFC-fähigen Smartphones und der „AusweisApp2“ ausweisen, ohne dass ein zusätzliches Kartenlesegerät erforderlich ist. Die Einsatzmöglichkeiten der eID sind vielfältig und umfassen u.a. die Beantragung von Führungszeugnissen, die Fahrzeugzulassung, den Zugang zu Steuerportalen wie Elster und die Eröffnung von Bankkonten. Hier tauchen allerdings die ersten Schwierigkeiten auf – genauer gesagt tauchen die Probleme auf, wenn der PIN zur Aktivierung vergessen oder verloren wird. Denn dieser Service wurde im Februar 2024 abgeschafft, aufgrund zu hoher Kosten und zu weniger Nutzung. Der ePerso muss nun im Bürgerbüro oder –amt persönlich freigeschalten werden.
Eine zukünftige Anwendung, die Potenzial bei korrekter Umsetzung birgt, ist die elektronische Patientenakte, die ab Ende 2024 für alle Bürger:innen verpflichtend wird. Diese soll ebenfalls auf die eID-Funktion zurückgreifen und könnte den ePerso in der medizinischen Versorgung fest verankern.
Herausforderungen und Akzeptanzprobleme
Die Online-Ausweisfunktion bisher nur von etwa sechs Prozent der Deutschen aktiv genutzt – es fehlen praktische Anwendungsfälle im Alltag. Außerdem mangelt es an einer breiten Aufklärung über die Funktionen und Vorteile des ePerso. Zudem bestehen noch immer Bedenken bezüglich der Sicherheit und des Datenschutzes, obwohl der ePerso technisch hohe Sicherheitsstandards erfüllt.
Ein weiteres Hindernis war in den Anfangsjahren die Notwendigkeit eines speziellen Kartenlesegeräts, das viele Nutzer:innen abschreckte. Obwohl diese Barriere mittlerweile durch die Nutzung von NFC-fähigen Smartphones weitgehend beseitigt wurde, hat sich die Nutzung der eID bisher nicht signifikant erhöht.
Internationale Perspektiven: Der Blick nach Europa
Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern hat Deutschland bei der Nutzung des elektronischen Personalausweises noch Nachholbedarf. Länder wie Österreich und Estland sind in Bezug auf die Akzeptanz und Nutzung digitaler Identitätsnachweise weiter fortgeschritten. In Österreich wurde beispielsweise ein technologieoffenes Gesetz verabschiedet, das die Nutzung der digitalen Identität in verschiedenen Bereichen des öffentlichen Lebens fördert. Estland ist sogar weltweit führend in der Digitalisierung staatlicher Dienste und ermöglicht es seinen Bürger:innen, fast alle Behördengänge online zu erledigen. In Italien sind SPID (Sistema Pubblico di Identità Digitale) und CIE (Carta d’Identità Elettronica) zwei zentrale Werkzeuge zur digitalen Identifikation, die Bürger:innen den Zugang zu einer Vielzahl von Online-Diensten, insbesondere im Bereich der öffentlichen Verwaltung, ermöglichen. SPID ist das digitale Identitätssystem, das es den Nutzer:innen erlaubt, sich mit einer einzigen digitalen Identität bei verschiedenen Online-Diensten der öffentlichen Verwaltung und bei privaten Dienstleistern anzumelden. Dies bietet Vorteile wie einfache Nutzung, hohe Sicherheit und Flexibilität durch unterschiedliche Sicherheitsstufen. Die CIE ist die elektronische Version des italienischen Personalausweises, die persönliche Daten und ein digitales Zertifikat zur Authentifizierung enthält. Sie bietet eine hohe Sicherheit durch fortschrittliche Verschlüsselungstechnologien und kann sowohl für Online-Dienste als auch für die physische Identifizierung, beispielsweise bei Reisen innerhalb der EU, verwendet werden. Beide Systeme tragen wesentlich zur Digitalisierung und Vereinfachung des Zugangs zu öffentlichen und privaten Diensten in Italien bei.
Diese Beispiele zeigen, dass es durchaus möglich ist, die Akzeptanz digitaler Identitätsnachweise zu erhöhen, wenn diese in den Alltag der Bürger:innen integriert und durch staatliche Initiativen aktiv gefördert werden. Deutschland könnte von diesen Erfahrungen profitieren und ähnliche Maßnahmen ergreifen, um den ePerso stärker im öffentlichen Bewusstsein zu verankern.
Zukunftsvision: europäische Integration
Auf europäischer Ebene wird die Einführung einer europäischen digitalen Identität angestrebt. Diese Initiative zielt darauf ab, eine einheitliche digitale Identitätslösung für alle EU-Bürger:innen zu schaffen, die länderübergreifend genutzt werden kann und die in der sogenannten EUDI-Wallet gespeichert werden kann. Der ePerso könnte in diesem Kontext eine wichtige Rolle spielen und die europäische Integration im digitalen Bereich weiter vorantreiben.
Fazit: Es gibt noch Luft nach oben
Der ePerso bietet bereits heute viele Möglichkeiten und könnte in Zukunft noch wesentlich an Bedeutung gewinnen, wenn er stärker in den Alltag integriert und die Nutzungsmöglichkeiten weiter ausgebaut werden. Die Einführung der Smart-eID und die europäische digitale Identität könnten dabei helfen, die Akzeptanz zu erhöhen und den ePerso zu einem unverzichtbaren Bestandteil der digitalen Identität in Deutschland und Europa zu machen. Um jedoch das volle Potenzial auszuschöpfen, sind weitere Aufklärung, eine stärkere Einbindung in staatliche und private Dienste sowie eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Technologie notwendig.