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Wie der Innovationswettbewerb „Funke – EUDI Wallet Prototypes“ andere EU-Länder inspirieren könnte 

Der Wettbewerb „Funke – EUDI Wallet Prototypes“ liefert wertvolle Impulse für andere EU-Länder, zeigt aber auch Herausforderungen auf.
Lesezeit: 3 Minuten
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Ein(e) Funke, der ein Europa-Netzwerk entzünden könnte 

Stellen Sie sich eine digitale Brieftasche vor, mit der Sie nicht nur Ihren Personalausweis, sondern Führerschein, Versicherungsnachweis und Zeugnisse – sicher, einfach und grenzüberschreitend – verwalten können. Genau das ist die Vision hinter der SPRIND-Challenge „Funke – EUDI Wallet Prototypes“. Für uns als qualifizierter Vertrauensdiensteanbieter ergibt sich dabei eine spannende Frage: Kann dieses unter deutscher Federführung finanzierte Projekt anderen EU-Staaten Impulse liefern – sowohl technisch als auch in puncto Finanzierung, Interoperabilität und Governance? Im Folgenden betrachten wir diesen Wettbewerb aus der Perspektive eines Vertrauensdienstleisters und zeigen auf, welche Elemente sich für weitere Länder übertragen lassen könnten. 

Was steckt hinter dem deutschen Modell? 

Der Innovationswettbewerb „Funke – EUDI Wallet Prototypes“ der Agentur SPRIND dient dem Aufbau und Test von Prototypen für eine europäische digitale Identitäts-Wallet (EUDI-Wallet) im deutschen Kontext.   Ein Überblick: 

Das Budget: Bundmittel über das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) steuern die Mittel bei; für das Funke-Projekt sind bis zu etwa 3,7 Mio. Euro für die Teams vorgesehen. 

Struktur: Drei Stufen („Stage 1“ bis „Stage 3“) über etwa 15 Monate. In Stufe 1 sechs Teams mit bis zu 300.000 Euro, in Stufe 2 bis zu vier Teams, in Stufe 3 zwei Teams mit bis zu 450.000 Euro.  

Zielsetzung: Die Prototypen müssen Funktionen wie Ausstellung und Präsentation von Person Identification Data (PID), elektronische Attributnachweise (EAAs), pseudonymes Login sowie qualifizierte elektronische Signatur (QES) abbilden.

Rechtlicher Rahmen: Die Umsetzung orientiert sich an der eIDAS 2.0‑Verordnung, welche digitale Identitäten und Nachweise innerhalb der EU regelt.  

Interoperabilität: Die Prototypen sollen kompatibel mit europäischen Referenzdesigns sein und im großen Pilotprojekt LSP POTENTIAL getestet werden.  

Für einen Vertrauensdiensteanbieter ist bedeutsam: Der Wettbewerb adressiert neben technischer Umsetzung auch Nutzbarkeit, Datenschutz und Offenheit (Open Source) – Schlüsselelemente einer vertrauenswürdigen digitalen Identität. 

Was können andere EU-Länder daraus lernen? 

Innovationswettbewerb als Ansatz 

Der Wettbewerb zeigt auf, wie staatliche Förderung eines prototypischen Ansatzes Innovatoren einlädt, Lösungsansätze zu entwickeln. Für Länder, die erst am Anfang ihrer EUDI-Wallet-Initiative stehen, kann dieses Modell interessant sein: strukturiert, zeitlich begrenzt, mit klar definierten Phasen und Kriterien. 

Finanzierungskonzept mit öffentlichem Budget 

Die Finanzierung ausschließlich über öffentliche Mittel (Bund) ist hervorzuheben. Zwar gibt es ergänzend EU-Mittel (z. B. für Infrastruktur und Interoperabilitäts-Piloten) – der Wettbewerb selbst wird aber durch deutsche Bundesmittel gesteuert. Für andere Länder heißt das: Eine klare Finanzierung aus dem öffentlichen Haushalt bietet Planungssicherheit und Transparenz – auch wenn zusätzliche EU-Unterstützung sinnvoll ist. 

Fokus auf Interoperabilität und offene Architektur 

Die Vorgabe, dass Prototypen kompatibel mit europäischen Referenzdesigns sein müssen und idealerweise Open Source veröffentlicht werden, schafft eine gute Grundlage für europaweite Zusammenarbeit. Andere Staaten könnten dieses Prinzip übernehmen, um nicht von nationalen Insellösungen abzurücken. 

Rolle der Vertrauensdienste und der digitalen Identität 

Als Vertrauensdiensteanbieter sehen wir, wie wichtig technische wie organisatorische Vertrauensanker sind: sichere Authentifizierung, Standards für Signaturen, klare Governance-Modelle. Länder können hier gezielt Kooperationen mit etablierten Vertrauensdiensteanbietern einbinden – etwa bei der QES-Integration, die auch im deutschen Modell vorgesehen ist. 

Was sind die Herausforderungen – und damit Impulse für andere Länder? 

Finanzierungslast: Obwohl das Projekt durch Bundesmittel getragen wird, bleiben Fragen hinsichtlich Skalierung und Betrieb offen. Die Funke-Prototypen sind Erprobung – der produktive Betrieb (betriebliches Modell, Kosten) muss noch folgen. 

Governance-Modell: Wer betreibt später die Wallet? Staatlich, privat oder gemeinsam? Andere Staaten sollten diese Frage früh adressieren. 

Nutzerakzeptanz: Technologie allein genügt nicht. Nutzerfreundlichkeit, Transparenz und Datenschutz sind entscheidend – hier punktet das deutsche Modell mit nutzendenzentrierter Architektur.  

Interoperabilität realisieren: Die europäische Dimension bringt zusätzliche Anforderungen – andere Länder sollten frühzeitig internationale Standards einplanen und mögliche Brücken (z. B. zur deutschen Lösung) anschauen. 

Skalierung und Betriebskosten: Prototypen-Phase ist eine Sache, flächendeckender Rollout eine andere. Finanzierungs- und Betriebsmodelle müssen über die Innovationsphase hinaus gedacht werden. 

Fazit: Eine Vorlage mit Potenzial – aber kein fertiges Rezept 

Der Wettbewerb „Funke – EUDI Wallet Prototypes“ liefert wertvolle Impulse für andere EU-Länder: ein strukturiertes Innovationsformat, öffentliche Finanzierung, Fokus auf Interoperabilität und Vertrauensdienste-Komponenten. Er zeigt aber auch: Der Weg von Prototyp zur nutzungsstarken, rechtsgültigen digitalen Wallet ist noch lang und erfordert umfassende Governance-, Betriebs- und Finanzierungsmodelle. 

Für einen Vertrauensdiensteanbieter wie uns bedeutet das: Wir stehen bereit, wenn digitale Identitäts-Ökosysteme entstehen – sei es technisch (Signaturdienste, Authentifizierung) oder organisatorisch (Betrieb, Integration). Andere Länder könnten von dem deutschen Modell profitieren, wenn sie es zielgerichtet adap­tieren – unter Berücksichtigung eigener Rahmenbedingungen. 

Kurz gesagt: Der „Funke“ könnte tatsächlich einen Funken überspringen – sofern andere EU-Länder die Offenheit, Interoperabilität und Finanzierungsstruktur aufnehmen und weiterentwickeln. Der Weg ist offen – und vielleicht liegt hier die Chance, gemeinsam europäische digitale Identitätslösungen voranzubringen. 

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